Vor 15 Jahren: Straßendarwinismus
„Wenn wieder einmal ein Lkw-Unfall das Wiener Verkehrssystem großräumig kollabieren lässt, ist vordergründig der Lkw-Lenker schuld. Er ist ja am Steuer eingeschlafen. Auch bei gewagten Überholmanövern oder hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen wird der Fahrer belangt. Wie so oft wird hier aber der Falsche geprügelt. Die Missstände sind da, und sie haben ihre Hauptursache nicht in der Sorglosigkeit oder Fahrlässigkeit der Lenker, sondern im System der Arbeitsbedingungen. Diese erzeugen über Prämiensysteme, knapp kalkulierte Transportzeiten oder simple Drohungen einen Druck, Ruhezeiten nicht einzuhalten, Tachoscheiben zu manipulieren, Fahrverbote zu umgehen oder einfach zu rasen. Betriebe und Fahrer, die auf die Einhaltung der Bestimmungen achten, geraten schnell ins Hintertreffen. Das setzt eine Spirale nach unten in Gang: Das Überleben der Rücksichtslosesten mit deutlich negativen Auswirkungen auf Verkehrssicherheit und Umwelt wird zum Prinzip des Straßendarwinismus.“