Wissenschaft: Vermögensunterschiede nach Geschlecht

Dies ist jedoch gerade deshalb wesentlich, weil das Vermögen ein deutlich umfassenderes Maß für den ökonomischen Wohlstand einer Person als deren Einkommen darstellt. Erste Ergebnisse der Untersuchung auf Basis der Daten der großangelegten Studie – Eurosystem Household Finance and Consumption Survey (HFCS) – zeigen: Hierzulande haben weibliche Single-Haushalte im Durchschnitt mit etwa 110.000 Euro ein deutlich niedrigeres Nettovermögen als männliche mit etwa 194.000 Euro; Paarhaushalte besitzen im Durchschnitt etwa 380.000 Euro. Auch wenn mit Hilfe der HFCS Daten keine Aussagen über die tatsächliche Verteilung von Vermögen zwischen den PartnerInnen in einem Paarhaushalt getätigt werden können, zeigen die Daten, dass weibliche Single-Haushalte deutlich weniger Vermögen zur Verfügung haben als die PartnerInnen pro Kopf in einem Paarhaushalt unter der Annahme einer Intrahaushalts-Gleichverteilung hätten.

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Die Verteilung zwischen weiblichen und männlichen Single-Haushalten ist über weite Bereiche sehr ähnlich, etwa zwischen dem 7. und 70. Perzentil. Dementsprechend liegt der Median von weiblichen Single-Haushalten mit rund 22.000 Euro nahe dem Median von männlichen Single-Haushalten mit rund 23.000. Euro. Bei männlichen Single-Haushalten beträgt das Nettovermögen an der Grenze zu den obersten zehn Prozent etwa 390.000 Euro, bei weiblichen Single-Haushalten etwa 276.000 Euro. Demgegenüber steht am unteren Rand, im untersten Dezil, eine stärkere Verschuldung männlicher als weiblicher Single-Haushalte. Der Unterschied hier ist jedoch deutlich geringer als am oberen Rand. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass auch in Österreich beim Vermögen eine substantielle Lücke zwischen den Haushalten nach Geschlecht besteht. Weibliche Single-Haushalte besitzen im Durchschnitt mehr als 40 Prozent weniger Nettovermögen als männliche Single-Haushalte. 

Ungleiche Vermögenspositionen sind Ausdruck ungleicher gesellschaftlicher Rollen, Normen und Strukturen ebenso wie von Diskriminierung. Die Vermögensakkumulation geschieht entweder durch Ansparen von Einkommen oder durch Vermögenstransfers. Die bisherige ökonomische Forschung zeigt, dass Frauen bei identischen sozioökonomischen Charakteristika geringere Einkommen beziehen. Sie haben somit weniger Einkommen für die Vermögensakkumulation zur Verfügung. Diese Ungleichheit wird durch die vorliegenden Daten bestätigt: Weibliche Single-Haushalte müssen etwa einen um eine Kategorie höheren Bildungsabschluss vorweisen, um im Durchschnitt ein vergleichbares Vermögensniveau wie männliche Single-Haushalte zu erreichen. 

Katharina Mader, Alyssa Schneebaum, Katarina Hollan, Patricia Klopf : Vermögensunterschiede nach Geschlecht: Erste Ergebnisse für Österreich. Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft Nr. 129. Herausgegeben von der Abteilung Wirtschaftswissenschaft und Statistik der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Mai 2014. Download der Studie