Editorial: Mehr und weiter?
Wer an Autobahnen wohnt oder auf ihnen unterwegs ist, hat es längst bemerkt. Immer mehr große und kleine Lkw beherrschen das Bild. Selbst im Pandemiejahr 2020 wurden in der EU um 8 Prozent mehr Güter verschickt als noch 10 Jahre davor. Mit Abstand die meisten auf der Straße, wo rund drei Viertel der Waren befördert werden. Der Anteil der Straße hat trotz aller Verlagerungsrhetorik in den letzten 20 Jahren weiter zugenommen. Einige Maßnahmen zum Klimaschutz im Straßengüterverkehr wurden auf europäischer Ebene bereits beschlossen, aber das reicht bei weitem nicht, um die Ziele zu erreichen. Denn das größte Verlagerungshindernis lässt sich damit nicht beseitigen. Der Lkw-Verkehr ist einfach viel zu billig, weil er von menschenunwürdigen Löhnen und Arbeitsbedingungen profitiert. Lohn- und Sozialdumping kennt auf Europas Straßen keine Grenzen, die Durchsetzung von gleichen Löhnen für gleiche Arbeit am gleichen Ort liegt in weiter Ferne. Wenn etwa polnische Fahrer:innen zu teuer werden, werden sie umgehend durch billigere aus Nicht-EU-Staaten ersetzt. Dringend notwendig sind mehr Kontrollen und eine gute Rastplatzinfrastruktur. Aber auch die Bahn muss europaweit modernisiert werden, wenn sie eine echte Alternative sein soll. Bisher war der Güterverkehr im Klimaschutz ein blinder Fleck. Das muss sich ändern, damit das Klima und die Beschäftigten im Gütertransport eine Zukunft haben.