Wissenschaft: Städte klimagerecht umbauen

Es wird heiß in unseren Städten. Nicht nur die Bundeshauptstadt und deren Bewohner:innen stöhnen im Sommer unter der Hitze. Gerade Menschen mit geringem Einkommen sind besonders betroffen. Sie können der Hitze schwer ausweichen. Eine klimafitte Sanierung der dicht bebauten Grätzeln ist unumgänglich. 

Hitze und gesundheitliche Belastung

Am Beispiel Wien zeigt sich, wie dramatisch die Situation bereits ist. Bis in die 90er Jahre gab es im Schnitt nur 10 Hitzetage (über 30 Grad) pro Jahr. Inzwischen sind es 33. Die Durchschnittstemperatur wird bis 2050 um 2 Grad und bis Ende des Jahrhunderts um 4 Grad steigen. Dieser Hitzedruck bedeutet eine enorme gesundheitliche Belastung und trifft besonders ältere Menschen, Kinder, chronisch kranke Personen, aber auch jene, die einer körperlichen Arbeit nachgehen. Hitze kann zudem soziale Isolation weiter verschärfen. Denn wenn es vor der Haustür schlichtweg zu heiß ist und beschattete Wege fehlen, kann und möchte man die Wohnung am liebsten gar nicht mehr verlassen. 

Kleinräumig unterschiedliche Betroffenheit

Auch in durchgrünten Städten wie Wien wird deutlich, es gibt große Unterschiede. Aktuelle Stadtklimauntersuchungen zeigen, nicht alle Teile Wiens sind urbanen Hitzephänomenen gleich ausgesetzt. Besonders von Überwärmung betroffen sind dicht bebaute Gebiete mit wenig Frischluftzufuhr, starker Versiegelung und wenig Begrünung und Bäumen. In den dicht bebauten Gründerzeitviertel ist es an heißen Tagen oft mehrere Grad wärmer und die nächtliche Abkühlung ist geringer als in Grätzeln mit viel Grün. 
Denn Asphalt, Beton und Gebäude speichern die Wärme, auch in der Nacht bleibt es heiß. 

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Doppelte Hitze-Belastung für Menschen mit weniger Einkommen

Der AK Sozialraummonitor belegt zudem deutlich, dass in vielen dieser heißen Viertel überwiegend Menschen mit niedrigem sozioökonomischen Status leben. Sie müssen mit weniger Einkommen auskommen, leben meist in beengten Wohnverhältnissen und verfügen über keine kühlen Zweitwohnsitze am Land. Sie können der Hitze der Stadt nur schwer ausweichen. Hier kommt es zur doppelten Hitze-Belastung. Das betrifft besonders Grätzel der dicht bebauten Gründerzeitviertel in den Bezirken 2 und 20 sowie 16, 15, 12, 5, 10 und 11. 

Gegensteuern durch systematischen Ansatz 

Zur künftigen Sicherstellung der Lebensqualität wurden im Rahmen der AK Studie kühlende Klima-Straßentypologien für dichtbebaute Stadtteile als systematischer Ansatz erarbeitet. So können Hitzeinseln vermieden und zusätzliche, auch im Sommer gut nutzbare wohnungsnahe Freiräume für Menschen umgesetzt werden. Der Blick auf Best Practice Städte zeigt: Erfolgsfaktoren für einen gelingenden Transformationsprozess sind klare Kommunikation über eine attraktive Idee, eine klare Strategie zur Reduktion des Autoverkehrs und zur „Entsiegelung“ sowie mehr Grün, bis hin zur flächigen Umsetzung. Wesentlich ist zudem die breite Einbeziehung der Bevölkerung.

Hitze-Grätzel jetzt klimagerecht umbauen

Vor dem Hintergrund der Klimaentwicklungen ist der klimagerechte Umbau von Hitze-Grätzeln zur Sicherstellung der Lebensqualität dringend notwendig. Das bedeutet Straßenbeläge, die die Hitze nicht speichern. Viel mehr Bäume, die dicht gepflanzt für kühlende Blätterdächer sorgen. Wasserangebot und Verweilmöglichkeiten. Weniger versiegelte Straßen: So kann die gefühlte Temperatur in Hitze-Grätzeln um 5-15 Grad gesenkt werden. 

AK-Forderungen für den Klimaumbau:

  • Städte brauchen eine gezielte Förderung von mehr Grün insbesondere in den dichtbesiedelten Hitze-Grätzeln, in denen Menschen leben, die wegen ihres geringeren Einkommens der Hitze schlechter ausweichen können.
  • Weil Bäume Zeit brauchen, um ein wirksames Blätterdach zu entwickeln, muss jetzt schnell 
und gezielt gehandelt werden. Dabei darf man nicht nur an einzelne Straßenzüge denken, sondern muss ganze Viertel mit Klimastraßen mit kühlen grünen Verweilorten planen.
  • Die Menschen mitnehmen bei der Hitzesanierung ihres Grätzels durch mehr Bürgerbeteiligung, die auch jene Menschen erreicht, die sonst eher selten an Beteiligungsprojekten teilnehmen: Es geht um eine aufsuchende mehrsprachige aktivierende Gesprächskultur. 
  • Gebraucht wird auch ein Ausgleich für wegfallende Parkflächen: Leistbare Angebote für die, die weiter aufs Auto angewiesen sind, etwa in angrenzenden Parkhäusern. 
  • Für die Sicherung der Lebensqualität in den Hitzegrätzeln muss massiv investiert werden. Kostenpunkt für ein hitzebelastetes Grätzl: geschätzte 25 Millionen Euro. Durch Koppelung mit Straßensanierungsprojekten geht’s günstiger.
  • Laufend müssen Straßenbeläge erneuert werden (alle 30 Jahre). Diese Sanierungen jetzt für kühle klimagerechte Grätzelgestaltung nutzen!