Politik
Herausforderung europäische Wasserpolitik
Den Grundstein für eine umweltfreundliche europaweite Wasserpolitik wurde bereits im Jahr 2000 gelegt. Mit der Wasserrahmenrichtlinie wurde ein Regelwerk geschaffen, um die europäischen Gewässer vor weiteren Verunreinigungen zu schützen und insgesamt in ihrer Wassergüte zu verbessern. In der Richtlinie wurde eine Überprüfung der Europäischen Kommission nach 19 Jahren vorgesehen, die dann, falls erforderlich, Änderungen für die Richtlinie vorschlagen kann. Dies kann eine Verbesserung aber auch eine Verschlechterung für die Umweltziele der Richtlinie bedeuten.
Beteiligungsprozess
Um die Wasserrahmenrichtlinie und ihre Töchterrichtlinien zu überprüfen, richtete die Generaldirektion Umwelt eine Online-Konsultation ein. Die europäischen BürgerInnen und Organisationen wurden eingeladen, an einer europäischen Online-Konsultation teilzunehmen, die von September 2018 bis März 2019 stattfand. Europaweit sind rund 385.000 Menschen und Organisationen diese Einladung zur Konsultation gefolgt und haben ihre Meinung dazu abgegeben. In Österreich beteiligten sich 13 Organisationen an dieser Umfrage, darunter auch die Bundesarbeitskammer, der Verband für die öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs und Umweltorganisationen.
Umweltziele der Wasserrahmenrichtlinie
Erklärtes Ziel der Wasserrahmenrichtlinie ist es, die Wasserressourcen in Europa langfristig abzusichern und eine Verbesserung des schlechten Zustands der Gewässer in Europa zu erreichen. Die WRRL schreibt bis spätestens 2027 eine ökologische Verbesserung jener Gewässer vor, die in keinem guten Zustand sind. Durch Renaturierungen sowie den Rückbau von nicht mehr gebrauchten Querbauwerken und Uferverbauungen werden Gewässerstrecken ökologisch aufgewertet und die Natur erhält einen Teil ihres Lebensraums zurück. Mit Einschränkungen in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung können bei der Beeinträchtigung der Grundwässer durch Einträge von Nitrat, Pestiziden und anderen Stoffen, Verbesserungen erzielt werden. Damit zielt die WRRL darauf ab, die Gewässerökosysteme und die Wasserqualität insgesamt zu verbessern.
Mehr Kohärenz mit anderen EU-Gesetzen
In Österreich wird das Trinkwasser zu 100 Prozent aus Quellen und Grundwasservorkommen gewonnen – ein Privileg, das Österreich in der Europäischen Union nur mit wenigen anderen Staaten teilt. Fast alle anderen Mitgliedsstaaten gewinnen ihr Trinkwasser noch zusätzlich aus Oberflächenwasser und zu einem geringen Anteil aus der Entsalzung von Meerwasser. Daher ist zum Schutz der Trinkwasserressourcen das Grund- und Quellwasser so reinzuhalten und vor jedweden Verunreinigungen zu schützen, dass es als Trinkwasser verwendet werden kann und ohne Aufbereitung in Trinkwasserqualität den KonsumentInnen zur Verfügung steht. Dies ist auch im österreichischen Wassergesetz so verankert. Der Bericht der Europäischen Umweltagentur „European Waters, Assessment-of-status and pressures, 2018“ hält fest, dass es noch einiges zu tun gibt, um die Umweltziele der WRRL europaweit auch tatsächlich erreichen zu können: EU-weit haben derzeit 74 % der Grundwasser und 40% der Oberflächengewässer die Umweltziele erreicht; in Österreich haben 90% der Grundwässer und 40% der Oberflächengewässer die Umweltziele erreicht. Bei der EU-Wasserkonferenz im September 2018 in Wien wurde ganz klar die fehlende Kohärenz der europäischen Wasserpolitik mit anderen EU-Politiken herausgearbeitet. Dies wird auch im Bericht der Europäischen Umweltagentur ganz klar aufgezeigt:
Die Landwirtschaft wird sowohl von der Europäischen Umweltagentur als im Bericht der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament als Hauptverursacher dafür angeführt, dass Grundwasser den guten chemischen Zustand nicht erreicht hat, da diese zu einer diffusen Verschmutzung durch Nitrate und Pestizide führt. Zudem führt die Europäische Kommission an, dass die Gewässer Europas in zunehmendem Maße vom Klimawandel in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Wasserpolitik der EU kann ein erhebliches Potenzial für den Klimaschutz bergen, sofern jetzt wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Denn zunehmend kann es auch zu Nutzungskonflikten in der Trinkwasserversorgung kommen, wie im Zuge einer parlamentarischen Enquete im österreichischen Bundesrat im Mai 2019 diskutiert wurde.
Zum Schutz der Wasserressourcen vor Verunreinigungen jeglicher Art (Landwirtschaft, Industrie, Transport, Energie) sollte zudem das Verursacherprinzip in der allgemeinen EU-Gesetzgebung stärker angewendet werden und Verunreinigungen bereits dort verhindert werden, wo sie verursacht werden.
Erfolge der Wasserrahmenrichtlinie
Mit der Wasserrahmenrichtlinie konnte in Europa ein gemeinsames Verständnis zum Schutz des Wassers und der Wasserökosysteme erreicht werden. Sie bietet gute und wirksame Instrumente zum Schutz und zur Verbesserung der aquatischen Ökosysteme, Förderung der nachhaltigen Wassernutzung sowie Sicherstellung und Verbesserung der Wasserressourcen in Europa. Damit kann das öffentliche Gut Wasser für die kommenden Generationen bewahrt und vor Verunreinigungen geschützt werden. Diese Erfolge würden bei einer möglichen Neuverhandlung der Richtlinie aufs Spiel gesetzt werden.
Empfehlungen für Österreich
Der Österreichische Rechnungshof überprüfte von September bis November 2017 sowohl im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, als auch in den Bundesländern Niederösterreich, Salzburg, Steiermark und Tirol, die Umsetzung der WRRL. Der Rechnungshof führt in seiner Bewertung ganz klar aus: ohne Bundesfördermittel für gewässerökologischen Maßnahmen wird Österreich die Umweltziele der WRRL nicht erreichen können. Zudem stellt der Rechnungshof fest, dass das Ministerium die Kosten, um den Zielzustand in den österreichischen Fließgewässern herzustellen, auf insgesamt drei Milliarden Euro geschätzt hat. Bisher wurden gerade mal 11 Prozent bzw. 339,32 Millionen Euro in die Ökologisierung der Fließgewässer investiert. Daher empfiehlt der Rechnungshof rasch die Finanzierung sicherzustellen. Im Bericht der Europäischen Kommission zur Umsetzung der WRRL empfiehlt sie Österreich die Kontinuität, Wirksamkeit und eine angemessene Finanzierung der Maßnahmen zur Verbesserung der hydromorphologischen Bedingungen in den Gewässern, sowie eine ehrgeizige und pragmatische Vorgehensweise bei der Bekämpfung der chemischen Verschmutzung der Gewässer.
Empfehlungen für die EU-Politik
Bereits jetzt bietet die Richtlinie ausreichend Spielraum für Adaptierungen auf nationaler Ebene. Vielmehr besteht die Gefahr, dass mit einer Änderung der Richtlinie Schutzstandards reduziert oder die Umsetzung um Jahrzehnte verzögert wird. Maßnahmen für die Verbesserung der Ressource Wasser sind immer auch mit Kosten verbunden. Im zukünftigen EU-Budget sollte daher darauf Rücksicht genommen werden, um Finanzierungen für die Verbesserung der Wassergüte über EU-Gelder und die dafür notwendigen Investitionen finanziell zu unterstützen. Was es braucht sind klare politische Vorgaben, damit der Schutz der Wasserqualität und des Gewässerschutzes Vorrang vor Einträgen aus der Landwirtschaft, Industrie und anderen Verschmutzungen haben. Bei der Zulassung von neuen chemischen Stoffen muss immer auch der Einfluss auf die Ressource Wasser berücksichtigt werden. Dafür braucht es außerdem eine kohärente Politik zum Schutz der lebensnotwendigen Ressource Wasser sowie, die notwendige Finanzierung um die Schutzziele zu erreichen. Bei der Europäischen Agrarpolitik ist darauf zu achten, dass es keine Agrarförderungen für Maßnahmen gibt, die den Gewässerschutz gefährden.