Leben
FAIRPHONE 2 – Ein Handy, das die Welt verbessert?
Knapp 130.000 Mal wurde das Fairphone 2 bisher verkauft. Die Auszeichnung mit dem renommierten Umweltzeichen „Blauer Engel“ im Herbst 2016 belegt, dass das faire Handy umweltfreundlicher als andere Geräte seiner Art ist. Das Unternehmen Fairphone will aber vor allem mit sozialen Innovationen in einer Branche antreten, in der bisher Fairness keine Rolle spielt. Mit nachhaltigen Lieferketten, der Suche nach fairen Rohstoffquellen und Initiativen für bessere Arbeitsbedingungen will man bei Konsumenten punkten und steht damit im starken Kontrast zu den üblichen Verkaufsargumenten der Smartphone-Konkurrenz: Design und Preis.
Was macht das Fairphone 2 besonders?
Zentrales Thema der Fairphone-Hersteller ist Nachhaltigkeit, weshalb die Hardware des Smartphone von Grund auf neu entwickelt wurde. Das Fairphone 2 ist das weltweit erste Handy, das sich in fünf Module zerlegen lässt. Der Akku und das Display lassen sich ohne Werkzeug austauschen. Die restlichen Module sind mit Kreuz-Schrauben gesichert. Reparaturen werden zum Kinderspiel. Das soll die Lebensdauer der Geräte verlängern und verbessert die Ökobilanz. Damit bietet das kleine Unternehmen Fairphone schon heute eine zukunftsträchtige Innovation zum Kauf an, woran etwa Google mit dem „Project Ara“ erst arbeiten.Das Fairphone 2 bewährt sich im Praxistest. Es erweist sich als schnell, der Touchscreen reagiert ausgezeichnet, die Knöpfe am Gehäuse lassen sich gut bedienen und es besticht durch einen hervorragenden Bildschirmkontrast. Kurz: Die technische Basis des Smartphone stimmt. Kleine Schwächen zeigen sich aber doch – etwa die mäßig gute Kamera. Dank Modulariät soll diese in Zukunft einfach nachrüstbar sein. Ähnliches gilt für den Akku, dessen Kapazität bei einer normalen Handy-Nutzung einen Arbeitstag durchhielt, dann aber zwingend geladen werden musste. Dies trifft aber auch auf viele Produkte der Konkurrenz zu. Da der Fairphone Akku einfach austauschbar ist, kann man einen zweiten Akku mitführen.
Neben den vielleicht revolutionären Schritten sind es die kleinen technischen Raffinessen, die das Fairphone 2 besonders machen, wie etwa sein SAR-Strahlungswert: Dieser ist mit 0,29/0,43 W/kg (am Ohr/Körper) sehr gering. Zum Vergleich: Beim iPhone 7 liegt dieser Wert zwischen 1,37 (am Ohr) und 1,34 (am Körper) und damit beunruhigend hoch. Denn je kleiner der SAR-Wert ist, desto geringer wird das Gewebe durch die Strahlung erwärmt. Der empfohlene oberste Grenzwert der Weltgesundheitsorganisationliegt bei 2,0 W/kg.
In jedem Smartphone stecken etwa 40 unterschiedliche Mineralien und Metalle. Viele davon haben den Ursprung in Abbaugebieten in Afrika und Asien, in denen katastrophale Arbeitsbedingungen und selbst Kinderarbeit auf der Tagesordnung stehen. FAIRTRADE Gold in die Zulieferkette zu integrieren, ist mit dem Fairphone 2 erstmals gelungen – mit Unterstützung des österreichischen Leiterplattenherstellers AT&S. Neben FAIRTRADE-Gold wird auch Zinn, Tantal und die Hälfte des Wolframs aus konfliktfreien Quellen im Fairphone verbaut. „Konfliktfrei“ heißt, dass sich über die Einnahmen aus dem Verkauf der Metalle keine bewaffneten Konfliktgebiete finanzieren.
„Konfliktfreie Materialen“ nicht selbstverständlich
Aufgrund des amerikanischen Gesetzes „Dodd Frank Act“ müssen US-börsennotierte Unternehmen die Verwendung der oben genannten „Konfliktmaterialien“ aus dem Kongo und dessen Nachbarstaaten offenlegen. So schreibt Google, dass man Grund zur Annahme habe, dass die Mineralien aus den betroffenen Gebieten stammen, man jedoch keine direkte Unterstützung von bewaffneten Milizen hätte feststellen können. Allerdings arbeitet lediglich ein Drittel der Schmelzhütten im Kongo garantiert ohne Konfliktmineralien. Der Online-Händler Amazon erklärte in seinem Bericht vorsichtig, dass die Mehrheit der Händler in der Lieferkette garantiert ohne Konfliktmineralien arbeite. Bei Apple liegt die Quote der garantiert konfliktfreien Schmelzöfen – nach eigenen Angaben – immerhin bei 80 Prozent.
Wie fair ist das Fairphone wirklich?
Die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ veröffentlichte Anfang 2016 einen Bericht, wonach rund 40.000 Kinder – manche davon nur sieben Jahre alt – im Kongo Rohstoffe abbauen, die für Smartphones der bekanntesten Hersteller verwendet werden. Auch Berichte über Selbstmordserien in Fabriken oder Zwangsarbeit unter Studenten zeugen davon, dass geringe Kosten die oberste Prämisse von IT- Konzernen beim Bau von Handys sind. Fairphone versucht der Industrie zu beweisen, dass es auch anders geht. Selbstkritisch betont aber auch der Firmengründer Bas Van Abel in einem Interview: „Unser Telefon ist nicht die Lösung. Es ist nur ein Mittel zum Zweck, ein Symbol, um klarzumachen, wie verkorkst unser ganzes Wirtschaftssystem ist.“