Betrieb

GKB: Rückgrat im Nahverkehr der Weststeiermark

Der Hauptgrund für Überlegungen zum Bau von Eisenbahnlinien in die Weststeiermark waren die Stein- und Braunkohlegruben im Bezirk Voitsberg sowie die „Glanzkohlenstätten“ im Bezirk Deutschlandsberg, durch die die Stadt Graz sowie die obersteirische Industrie versorgt werden konnten. Neben der Kohle war die zweite Grundstoffindustrie im Bezirk Voitsberg, die Glasindustrie, Großkunde der GKB im Güterverkehr. Mit dem Rückgang von Glas und Kohle sank auch die Beförderungsleistung im Güterverkehr. Längerfristige Leistungen wie die Befüllung und Entleerung des Erdöllagers Lannach, als Ölreserve nach dem Ölpreisschock, sowie die Verfüllung des ehemaligen Braunkohle-Tagebaus Karlschacht mit BRAM (Brennstoff aus Müll), waren die Ausnahmen. Mit der Schließung des letzten Tagbaues Oberdorf 1978, endete der Kohleabbau im weststeirischen Kohlerevier und die fast 150 Jahre dauernde Symbiose zwischen Bergbau und Eisenbahn ging zu Ende.

Vom Kohleverkehr zum europäischen Güterverkehr

Die Liberalisierung im europäischen Eisenbahnverkehr seit der Jahrtausendwende ermöglichte es der GKB, ihre Kompetenzen im Güterverkehr auch außerhalb des eigenen Streckennetzes zu beweisen. Die im Jahr 2000 gegründete LTE Logistik und Transport GmbH war zunächst eine Kooperation mit dem österreichischen Baukonzern PORR. Heute ist die LTE mit Sitz in Graz und Schwechat eine 50-prozentige Tochter der GKB und des deutschen Logistik-Riesen Rhenus. LTE ist in 14 EU-Ländern tätig – von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer, von der Ostsee zur Adria. LTE fährt laut Schienen-Control auf der Donauachse, aber auch über den Semmering. Im Jahr 2019 transportierte die LTE-Group 7,5 Mio. Tonnen Güter mit 80 Lokomotiven und 800 Güterwagen. Der Jahresumsatz betrug € 140 Mio. Nächste Ziele für die Zukunft sind der Markteintritt in Belgien, Italien und Bulgarien. Ein weiterer Schritt zur Diversifizierung war die Gründung des Joint Venture „Adria Transport“ gemeinsam mit der Betreibergesellschaft des Hafens Koper (Luka Koper). Vorerst gegründet für die Versorgung des Flughafens Wien Schwechat mit gelöschtem Flugbenzin, soll die Adria Transport (Jahresumsatz 2019 11 Mio. €) mit der Hauptverbindung Koper– Graz - Wien demnächst den Markteintritt in Kroatien absolvieren.

Mit der Fertigstellung und Inbetriebnahme der Koralmbahn werden die GKB-Mutter und ihre Töchter LTE und Adria Transport im Schnittpunkt zweier internationaler Eisenbahnstrecken liegen. Der TEN-Strecke Baltisch-Adriatische Achse und der für die TEN-Revision vorgeschlagenen Pyhrn-Schober-Achse, die den Zentralraum der Europäischen Union mit dem Balkan und darüber hinaus verbinden soll. 

Ausflugs-Eisenbahn

Bereits am Anfang des Bahnbetriebes wurde die GKB vom Grazer Publikum für Ausflüge auf das Land geschätzt. Nach der Wirtschaftskrise Anfang der 1930-er Jahre wurden für den touristischen Verkehr Sonderzüge eingeführt und verbilligte Rückfahrkarten und Reisearrangements angeboten. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist die GKB durch das Verstaatlichten Gesetz zu 100 Prozent im Eigentum der Republik Österreich und wurde zu einem innovativen Verkehrsunternehmen: Im Jahr 1953 wurden österreichweit die ersten Dieseltriebwagen für den Regionalverkehr angeschafft. Mit den Uerdinger Schienenbussen (VT 10), in der Weststeiermark liebevoll „Rote Blitze“ genannt, konnte nach fast 100 Jahren Betrieb erstmals Beförderungsqualität abseits der „Holzklasse“ geboten werden. Bis zum Umbau des Hauptbahnhofes Graz konnte man im Personentunnel zu den Bahnsteigen den Slogan „Mit dem roten Blitz in die schöne Weststeiermark“ lesen. In rund 40 Betriebsjahren leisteten die VT 10 jeweils über 3 Mio. Zugkilometer.

Doppelstock-Waggons im Einsatz

Obwohl in den 1980-ern die VT 10 sukzessive durch einen Nachbau von Dieseltriebwagen der AKN (Altona-Kaltenkirchen-Neumünster Eisenbahn GmbH), gefertigt durch die SGP in Graz, ersetzt wurden, konnte das stark steigende Fahrgastaufkommen in den Spitzenzeiten nicht mehr abgedeckt werden. Es war die GKB, die 1993 als erstes EVU in Österreich wieder (erstmals 1873 bis 1883 durch die STEG) Doppelstockwaggons beschaffte. Von der SGP in Graz wurden 15 Fahrzeuge (10 Personenwagen, 5 Steuerwagen) nach Talbot-Patenten gebaut. Die 120 „Dostos“ der ÖBB wurden in Folge erst ab 1997 beschafft, seit 2011 setzt die Westbahn Doppelstockgarnituren auch im Fernverkehr ein. Ab 2011 wurden die VT 70 dann durch dieselelektrische Trieb­wagengarnituren der Fa. Stadler ersetzt. Diese decken gemeinsam mit den Doppelstockwagen derzeit den Planbetrieb der GKB ab.

Bereits Ende der 1980-er war die GKB maßgeblich an der Entwicklung des Grazer Tarifverbund ’90 beteiligt, Fahrgäste der GKB konnten zum GKB-Fahrschein einen Fahrschein für die Grazer Verkehrsbetriebe mitkaufen. 1994 wurde aus diesem rudimentären Vorläufer der Verkehrsverbund Steiermark im Großraum Graz, 1997 der steiermarkweite Verkehrsverbund. Mit dem Verkehrsverbund Steiermark konnten einerseits die Tarife von Eisenbahn und Bus auf ein Niveau gebracht und andererseits die gegenseitige Benützung von Verkehrsmitteln und Verkehrsunternehmen ermöglicht werden. Mit der Einführung wurde das Bus- und Bahnfahren in der Steiermark wesentlich attraktiver und es kam zu einem deutlichen Anstieg der Fahrgastzahlen.

Im Steirertakt unterwegs

Infolge dessen wurde erstmals das Land Steiermark als Aufgabenträger für den Nah- und Regionalverkehr aktiv und erweiterte das Zugsangebot und vertaktete es durch den Vorläufer der S-Bahn Steiermark, den Steirertakt. Mit dem Steirertakt stiegen die Fahrgastzahlen weiter und die GKB stimmte ihr Personenverkehrsangebot zwischen Bus und Zug besser ab, Haltestellen und Bahnhöfe wurden neu gestaltet und gemeinsam mit den Gemeinden und dem Land Steiermark wurden die Park&Ride-Anlagen an den Bahnhöfen ausgebaut. Seit 2007 sind die Strecken der GKB Teil der neuen S-Bahn Steiermark. Die S7 verbindet Graz – Lieboch – Köflach, die S6 Graz – Lieboch – Wies/Eibiswald. Nachdem die Koralmbahn für den eingleisigen, dieselbetriebenen Betrieb freigegeben wurde, erhielt die neue Verbindung Graz – Wettmannstätten – Wies/Eibiswald die Bezeichnung S6, die alte Stammstrecke erhielt die Bezeichnung S61. Damit betreibt die GKB derzeit drei S-Bahnstrecken (92 Streckenkilometer). Bis Dezember 2025 soll die Köflacherbahn und die Wieserbahn elektrifiziert werden, gleichzeitig mit Inbetriebnahme der Koralmbahn soll die Elektrifizierung abgeschlossen sein.

Personal & Ausbildung

Die Muttergesellschaft GKB selbst hat einen Mitarbeiterstand von 447 Mitarbeiter*innen (2018), die LTE-Group rd. 500 (2020) und die Adria Transport 40 Mitarbeiter*innen. Die GKB spielt vor allem im regionalen Personenverkehr eine wichtige Rolle für den Arbeitsmarkt in der Weststeiermark. Im gesamten Konzern arbeiten aktuell 1.000 Beschäftigte. Für die Ausbildung der Mitarbeiter*innen des eigenen und anderer Unternehmen hat die GKB 2001 ein eigenes Ausbildungszentrum gegründet. Mittlerweile stehen neben einem mobilen auch ein moderner ortsfester Führerstandsimulator sowie nachgebaute Bedienmodule, wie z.B. für Eisenbahnkreuzungssicherungsanlagen, für Schulungszwecke zur Verfügung. Die GKB legt außerdem von Beginn an, großen Wert auf die Förderung von Frauen in Technikberufen.

„Die Mitarbeiter*innenzufriedenheit liegt deutlich über österreichischen Schnitt. Wir haben zweimal das BGF Gütesiegel (Betriebliche Gesundheitsförderung der Sozialversicherung) in Folge, sowie den Sonderpreis des Instituts für Gesundheitsförderung und Prävention erhalten,“ so Zentralbetriebsratsvorsitzender Helmut Koch. 

Seit 1999 bildet die Graz-Köflacher Bahn- und Busbetrieb GmbH wieder Lehrlinge aus, wobei der Anteil der Mädchen rund 20 Prozent beträgt. Aktuell werden 13 Lehrlinge in fünf Lehrberufen ausgebildet. Rund 90 Prozent der GKB-Lehrlinge bleiben nach der Lehre im Unternehmen und spezialisieren sich über innerbetriebliche Weiterbildungsangebote. Neben dem Erwerb fachlicher Fähigkeiten, können die GKB-Lehrlinge verschiedene zusätzliche Ausbildungsangebote wahrnehmen.