Editorial: Grenzen des Verkehrs/Wachstums

Seit den 1990er Jahren wachsen Wien und die Ostregion Österreichs merklich. Aus einer schrumpfenden und alternden Stadt ist ein wachsender, dynamischer  Ballungsraum geworden. Wien zählt zu den größten europäischen Städten und die Trends weisen weiter nach oben. Diese durchaus positive Entwicklung bedeutet, dass die Menschen auch mehr Wohnungen, mehr Raum für Erholung und mehr Arbeitsplätze brauchen. Und sie bedeutet auch immer mehr Verkehr. Die Arbeitswege, die die Beschäftigten in der Ostregion täglich zurücklegen müssen, sind ein wesentlicher Teil des zunehmenden Verkehrs. Immer mehr Menschen legen immer weitere Wege zurück, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Dort wo das öffentliche Verkehrsangebot nicht den flexibler werdenden Anforderungen durch Teilzeit, flexible Arbeitszeitmodelle, längere Öffnungszeiten oder Schichtarbeit entspricht, ist ein Umstieg von Pkw auf Bahn und Bus oft nicht möglich. Die hohen Kosten der Automobilität tragen die ArbeitnehmerInnen und die Umwelt. Außerhalb des dichten Ballungsraums sind die Mobilitätskosten der Haushalte deutlich höher als in Wien. Vor allem Frauen haben dort schlechtere Arbeitsmarktchancen und höhere Mobilitätskosten bei vergleichsweise geringeren Einkommen. Verkehr kann daher nur dann sozial sein, wenn er öffentlich ist. Das bedeutet aber mehr Investitionen in Infrastruktur und Verkehrsangebot und v.a. eine enge Abstimmung zwischen Stadt und Region. Die Entwicklung innerhalb Wiens zeigt, dass gute Angebote des öffentlichen Verkehrs die Mobilität zum Positiven verändern, aber nur wenn es faire Arbeits- und Einkommensbedingungen für die Beschäftigten gibt. Wettbewerb auf Kosten der Beschäftigten – finanziert mit öffentlichen Mitteln – ist unsozial und unverantwortlich. Dass das ungebremste Wachstum des Straßenverkehrs die Umwelt belastet, zeigt sich auch im Osten Österreichs. Bei Stickoxiden, Feinstaub, Ozon und Lärm werden laufend Grenzwerte überschritten. Die Hoffnung auf technologische Verbesserungen bringt keine Lösung. Verkehr kann auch nur dann ökologisch verträglich sein, wenn er öffentlich ist.