Interview mit Leonore Gewessler: Gute Klimapolitik muss leistbar werden

Nach 20 Jahren Stillstand bei der Reduktion von Emissionen sollen die nächsten 20 Jahre nun Klimaneutralität bringen. Warum sollte das jetzt gelingen?

Wir haben mit dem Regierungsprogramm einen ambitionierten Plan für aktiven Klimaschutz und dafür ist es höchste Zeit. Dadurch, dass in meinem Ressort die entscheidenden Hebel wie die Verkehrs-und Energiepolitik zusammenlaufen, können wir Maßnahmen ganzheitlich realisieren. Wir arbeiten derzeit intensiv an zahlreichen Schritten, wie z.B. einem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien, einem neuen Energieeffizienzgesetz und dem 1-2-3 Öffi-Ticket. Und wir haben viel Rückenwind dafür – seitens der EU-Kommission wie auch in der Bevölkerung.

Die AK steht für Gerechtigkeit und schaut daher besonders auf die Verteilungswirkungen von klima­politischen Maßnahmen. Wie wollen Sie sicherstellen, dass einkommensschwache Haushalte nicht übermäßig belastet werden?

Unser Ziel ist, auf dem Weg zur Klimaneutralität niemanden zurückzulassen. Veränderungen sind nicht überall im gleichen Tempo möglich und darauf gilt es, Rücksicht zu nehmen – auch in der ökosozialen Steuerreform. Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, dass für alle ein klimafreundliches Leben möglich und leistbar ist. Die Abwendung der Klima­krise muss natürlich auf eine solidarische Art und Weise geschehen – unsere Steuerreform soll eben nicht nur ökologisch, sondern auch sozial positiv wirken.

Von vielen Klimaschutz-Initiativen profitieren vor allem auch einkommensschwache Haushalte: ein Beispiel dafür sind Energieeffizienz-Maßnahmen bei Gebäuden. Sie senken sowohl die CO2-Emissionen als auch die Kosten für Strom und Heizung und bekämpfen dadurch das Phänomen der Energiearmut. 

Die Bundesregierung hat bereits eine Task Force zur ökosozialen Steuerreform eingesetzt. In welcher Form werden Sie die Sozialpartner darin einbinden?

Wir wollen die besten Ideen und verschiedene Perspektiven zur Ökologisierung des Steuersystems einfließen lassen. Deswegen arbeiten wir derzeit mit dem Finanzministerium an einem Format, wie verschiedene Stakeholder – insbesondere die Sozialpartner – einbezogen werden und ihre Ideen vorbringen können. Mein Ziel ist jedenfalls, dass die österreichische Klimapolitik und die Maßnahmen zur Ökologisierung des Steuer- und Wirtschaftssystem von einem breiten nationalen Konsens getragen werden.

Klimapolitik kann mit Steuern, mit Ge- und Verboten oder mit öffentlichen Investitionen arbeiten. Worauf werden Sie den Schwerpunkt legen?

Angesichts des Ausmaßes der benötigten Veränderung brauchen wir einen Instrumentenkoffer an unterschiedlichsten Maßnahmen. Rechtliche Rahmenbedingungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Klar ist, dass wir uns keine kontraproduktiven Schritte wie neue Ölheizungen leisten können. Auch Investitionen sind unerlässlich, etwa, um den Umstieg vom Auto zu den Öffis so attraktiv wie möglich zu machen und die Finanzierung von notwendigen Schritten – wie den Austausch von Ölheizungen und den Ausbau von erneuerbaren Energien – sicherzustellen.