Editorial: Wasserreich

Aufgrund seiner klimatischen und geographischen Lage hat unser Land reichlich Wasser. Daher ist vielen von uns nicht bewusst, wie wertvoll klares, sauberes und ausreichend vorhandenes Wasser tatsächlich ist. Ohne diesen natürlichen Reichtum müssten wir unsere Energie viel stärker aus anderen Quellen gewinnen, uns über Trinkwasserqualität und einen für alle leistbaren Zugang zu gesundem Wasser täglich Sorgen machen. In sehr vielen Ländern ist das von der UNO 2010 in den Katalog der Menschenrechte aufgenommene Recht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser nicht gewährleistet.

Wasserreichtum hat aber auch eine andere Bedeutung: Einige weltweit tätige Großkonzerne wollen den Reichtum ihrer Aktionäre durch den Kauf öffentlicher Wasserversorgungseinrichtungen und die privatwirtschaftliche Ausbeutung der Wasserreserven der Welt steigern. Für sie ist das Geschäft mit dem Wasser ein ertragreicher Zukunftsmarkt. Weil sie auch in Europa leichter und schneller Zugang zum Wassermarkt haben wollen, machen sie seit Jahren Druck auf die EU-Institutionen und betreiben die Liberalisierung der öffentlichen Wasserversorgung mit immer neuen Anläufen.  Jüngstes Resultat: Die aktuell zur Debatte stehende EU-Konzessionsrichtlinie erhöht den Ausschreibungsdruck auf die Kommunen und eröffnet privaten Anbietern neue Chancen. 

Die Erfahrungen mit der Privatisierung der öffentlichen Wasserwerke etwa in London, Paris und Berlin haben jedoch klar gezeigt, dass sich die Qualität der Versorgung und die Preise verschlechtert haben, manche Kommunen mittlerweile die einst mit Sparhoffnungen verkauften Einrichtungen teuer wieder zurückkaufen. Sie und ihre BürgerInnen sind jetzt reicher – an schlechten Erfahrungen. Die privaten Konzerne haben nämlich die Investitionen in die Leitungsnetze zugunsten höherer Profite vernachlässigt und einmal mehr bewiesen, was es bedeutet, Gewinne zu privatisieren und Kosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen.