AK-Studie: Bilanzierungspflicht gesellschaftlicher Auswirkungen

Bereits seit 15 Jahren setzt die EU Initiativen für eine substanzielle Nachhaltigkeitsberichterstattung. Jüngstes Beispiel ist die „RL 2014/95/EU zur Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen“ (NFI-RL), deren Umsetzung bis Ende 2016 erfolgen muss. In einem öffentlichen Konsultationsverfahren des Justizministeriums spricht sich die überwiegende Mehrheit der teilnehmenden Organisationen für eine gesetzliche Normierung durch Kernkennzahlen aus, die sich an den Indikatoren der Global Reporting Initiative (GRI) orientieren sollten. 

Nach Art. 1 der NFI-RL müssen große Unternehmen, die von öffentlichem Interesse sind und am Bilanzstichtag das Kriterium erfüllen, im Durchschnitt des Geschäftsjahres mehr als 500 MitarbeiterInnen zu beschäftigen, eine nicht-finanzielle Erklärung in den Lagebericht aufnehmen. Diese Erklärung hat jedenfalls Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen zu beinhalten und sich auf die Achtung der Menschenrechte und auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung zu beziehen. 

Wenig überraschend beharrten die Vertreter der Wirtschaft, das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und die unternehmensnahe CSR-Plattform „respAct“ im Rahmen der öffentlichen Konsultation weiter auf einem prinzipienbasierten Ansatz, der die konkrete Umsetzung der Transparenzverpflichtung weitgehend offen lässt. ArbeitnehmerInnenvertreter und NGOs, die überwiegende Mehrzahl der KonsultationsteilnehmerInnen, plädieren hingegen für verbindliche Berichtsstandards, ebenso die Wirtschafts-treuhänder und -prüfer. Der Gesetzgeber soll ein Set an verpflichtenden Kernkennzahlen für Österreich festlegen, wobei sich GRI G4 als der am weitesten verbreitete Referenzstandard durchgesetzt hat. In einigen europäischen Ländern gibt es bereits die Verpflichtung, konkrete nicht finanzielle Kennzahlen zu veröffentlichen. Österreich wäre mit einer Präzisierung der Berichtspflicht also kein Vorreiter, sondern würde nur nachholen, was anderswo längst Standard ist.

Während etwa in Frankreich die 100 umsatzstärksten Unternehmen lückenlos über ihre Nachhaltigkeitsperformance berichten, sind es in Österreich gerade einmal 25 Prozent seiner Top-Unternehmen. 

Nachzügler Österreich

Auch die Qualität der Berichte lässt in Österreich zu wünschen übrig. Nur knapp sieben Prozent der ATX-Unternehmen erreichen bei ihren Umweltangaben zumindest 50 Punkte, etwas besser wird über Soziales berichtet (15 %). Nimmt man den Gesamtscore (der auch die Governance inkludiert), so überschreiten überhaupt nur mehr 5,6 %  der im Hauptsegment der Wiener Börse gelisteten Unternehmen diese kritische 50-Punkte-Schwelle. Die börsennotierten Unternehmen des deutschen DAX und des französischen CAC schneiden um ein Vielfaches besser ab (siehe Grafik).

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Es ist hoch an der Zeit, dass sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Österreich von einem PR-Gag zu einem Report über gesellschaftliche Unternehmensverantwortung wandelt. Die Definition von konkreten Indikatoren bei Umsetzung der NFI-Richtlinie in österreichisches Recht könnte die legistische Basis dafür sein.