Interview: Kunststoffpartikel in der Donau: Die Umweltfolgen von Mikroplastik

Woher kommt dieses Plastik?

Kienzl: Wir haben im Auftrag des BMLFUW und der Bundesländer Oberösterreich, Niederösterreich und Wien gemeinsam mit unseren Partnern BOKU und ViaDonau erstmals die Donau im Quer- und Tiefenprofil auf Kunststoffpartikel untersucht. Das ist bislang einzigartig in Europa. Die Ergebnisse zeigen, dass bis zu 40 Tonnen Plastik jährlich über die Donau aus Österreich abtransportiert werden. Etwas mehr als zehn Prozent davon stammen aus industriellen Prozessen. Der Großteil dieser Kunststoffpartikel kommt jedoch aus diffusen Quellen. Leider gibt es viele Beispiele aus dem alltäglichen Leben, die illustrieren, wie Plastikpartikel in Flüsse und letztlich in die Meere gelangen können. Etwa sind in einigen Kosmetikprodukten solche Kleinstpartikel zugesetzt – und auch Kunststofffasern aus Textilien gelangen beim Waschen ins Abwasser. Das Plastik gelangt auch durch unachtsames Hantieren, absichtliches Wegschmeißen oder über Windverfrachtung in die Umwelt und durch Abwasser und Abschwemmungen in die Flüsse. 

Wie viel von diesem Mikroplastik gibt es in Europa und welche Auswirkungen hat es auf Mensch und Umwelt?

Kienzl: Untersuchungen, wie wir sie in der Donau gemacht haben, sind bisher  noch die Ausnahme in Europa. Methodisch haben wir damit eine wichtige Grundlage geschaffen, der  Informationsbedarf ist allerdings  sehr groß. Wir wissen, dass etwa 80 Prozent des Plastiks in den Meeren über Flüsse dorthin transportiert wird.  Dass das Plastik zum Großteil aus diffusen Quellen stammt, macht es nicht einfacher. Was die gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen betrifft, wissen wir noch wenig – je kleiner die Partikel, desto problematischer können sie sein. 

Wie können die großen Plastikmengen in Flüssen und Meeren verringert werden?

Kienzl: Das Wichtigste ist, Einträge in die Umwelt zu vermeiden – da sind vor allem Wirtschaft und Politik gefragt, letztlich auch wir KonsumentInnen. Wir müssen weiter der Frage nachgehen, woher die großen Mengen der Einträge stammen und was technisch vermeidbar oder in der Produktion ersetzbar ist. Da ist die Kosmetikindustrie genauso gefordert wie die Textil- oder die Verpackungsindustrie. Aber auch Erziehung, Bildung und Werbung spielen eine zentrale Rolle im Zusammenhang mit dem persönlichen Lebensstil der Menschen, sie sollten einen aktiven Beitrag zur umfassenden Bewusstseinsbildung leisten.

Welche Maßnahmen werden auf nationaler bzw. europäischer Ebene gesetzt?

Kienzl: In Österreich hat Bundesminister Rupprechter mit der Kunststoffindustrie die „Zero Pellets Loss Initiative“ ins Leben gerufen. Da geht es um technologische Verbesserungen, um bei der Produktion und Verarbeitung von Kunststoffen den Verlust von Pellets zu vermeiden. Auf europäischer Ebene wird derzeit versucht, die Verwendung von Mikroplastik in Kosmetika zu stoppen. Die Reduktion der Plastiksackerln wird sicher auch etwas bringen. Was wir im nächsten Schritt brauchen, sind einheitliche Messmethoden und Messungen, um die Datenlage zu verbessern. Information und Aufklärung, woher das Mikroplastik kommt und wie es sich zusammensetzt, sind ein zentraler Teil für die Lösung, an der wir in Europa gemeinsam arbeiten müssen.