Betrieb

Büro und Umwelt: Der ökologische Arbeitsplatz

Risikofaktor Büroarbeit“ titeln Ende der 1980er Jahre Medien, Sekretärinnen wird eine „erschreckende Unkenntnis und Sorglosigkeit“ im Umgang mit Bürochemikalien attestiert und gleichzeitig festgestellt, dass Inhaltsstoffe vieler Produkte selbst den Behörden unbekannt sind. In Deutschland erscheint das Buch „Chemie im Büro“ und bringt Bewegung ins Thema. Giftige Stoffe wie das als Lösungsmittel in Korrekturlacken verwendete 1-1-1-Trichlorethan oder die Chemikalien Xylol und Toluol in Faserstiften stehen am Pranger. Das Bild vom Büro als sauberer und gesunder Arbeitsplatz, der mit der Umwelt nicht im Clinch liegt, ist brüchig geworden. 

Die Umweltzerstörung durch die Papier- und Zellstoffproduktion ist schon früh ein heißes Umweltthema. EDV-Geräte, Drucker und Kopierer revolutionieren die Büroarbeit, der Papierverbrauch steigt. Diesen zu drosseln ist bis heute nicht wirksam gelungen. Altpapier sinnvoll zu verwerten wird Gebot der Stunde. Beim Recycling-Papier scheiden sich allerdings noch die Geister. Verträgt sich Papier aus Altpapier mit den sensiblen Geräten? Diese Frage ist inzwischen positiv erledigt. Recyclingpapier wird schon seit Jahren an Kopiergeräten und Druckern problemlos eingesetzt und von den Geräteherstellern selbst in Eigenmarke angeboten. Eine 2010 durchgeführte Studie in Deutschland zeigt, dass Recyclingpapier fürs Büro heute bewusst als Teil der Nachhaltigkeitsstrategien in Unternehmen eingesetzt wird. Vorbei die Zeit, wo die Angst umging, Geschäftspost aus Recyclingpapier könnte einen Imageschaden verursachen.

Diskussion mit Folgen

Die in den 1980er Jahren losgetretene Diskussion bleibt nicht ohne Folgen. Es entstehen Ratgeber, Checklisten, Handbücher und Infoblätter, darunter auch solche der AK und der Gewerkschaften, mit dem Ziel, mehr Bewusstsein in den Büros zu schaffen. Die Empfehlungen richten sich an alle AkteurInnen im Betrieb, das Management, die BetriebsrätInnen, Beauftragten und MitarbeiterInnen. Für die Pioniere im Büro keine leichte Aufgabe. Umweltschutz berührt eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen, die Materie ist neu und vieles in der Praxis nicht geklärt. Was dürfen von ArbeitgeberInnen freiwillig eingesetzte Umweltbeauftragte während der Arbeitszeit tun, was können sie bewirken und wie sieht es mit ihren Rechten aus? Heute muss jeder Betrieb, der mehr als 100 MitarbeiterInnen beschäftigt, laut Abfallwirtschaftsgesetz eine/n fachlich qualifizierte/n Abfallbeauftragte/n sowie eine/n Stellvertreter/in bestellen. Das ist Pflicht, ebenso, dass ab 20 Beschäftigten ein Abfallwirtschaftskonzept zu erstellen ist und dieses in jedem Fall auch den Bürobereich umfassen muss. Aktuell rücken Energiebeauftragte in den Fokus.

Seit 1995 verpflichtet der Arbeitnehmerschutz zur „Arbeitsplatzevaluierung“. Dazu muss jede/r ArbeitgeberIn die Gefährdungen und Belastungen, die im Zusammenhang mit der Arbeit stehen, ermitteln, beurteilen und gegen festgestellte Gefahren entsprechend vorgehen. Das ist ganz im Sinne des Umweltschutzes im Büro: gefährliche Bürochemikalien, Tonerstaub oder ausgasendes Formaldehyd aus Büromöbeln stehen somit auch im Fokus des ArbeitnehmerInnenschutzes und sind ein Fall für Sicherheitsfachkräfte, BetriebsrätInnen oder ArbeitsmedizinerInnen. Eine zentrale Rolle kommt dem Einkauf und all jenen zu, die Aufträge gestalten und vergeben. Ein Beispiel: Bei der Büroreinigung wird Umwelt- und Gesundheitsschutz im Büro hautnah erlebt, einerseits von den Reinigungskräften, die mit den Chemikalien hantieren, andererseits von den Beschäftigten in den gereinigten Büros. Eine ökologische Reinigung, das ist nun schon durch lange Praxis belegt, spart auch eine Menge Geld. Ganz abgesehen vom Vorteil für die Umwelt: weniger Chemikalien, schonender Umgang mit Wasser, Luft und Klima. 

Büro 2020

Weniger schlecht ist nicht gut genug! Das heißt, weniger Schadstoffe allein machen zum Beispiel Büromaterial und Büroausstattung noch nicht langlebiger, etwas weniger Abfall erhöht noch nicht den Nutzen beim Gebrauch von Produkten und Geräten. Auch die Effizienzsteigerung durch technische Lösungen bei Beleuchtung und Fuhrpark zeigt nur eine Seite der Möglichkeiten, die andere liegt beim „NutzerInnenverhalten“. 

Büromaterial kann viel länger genutzt werden. Die Industrie liefert bereits ausgereifte Nachfüllsysteme. Nachfüllen ist nachweislich wirtschaftlicher, vor allem für GroßverbraucherInnen wie es Büros sind. Simples Beispiel: Flipchartmarker können bis zu 20.mal mit Tinte befüllt werden ohne an Funktionsfähigkeit zu verlieren. Was in vielen Betrieben fehlt, sind kreative Lösungen, die das Nachfüllen zur Umsetzung bringen. Ein großes Potenzial steckt auch in Tonerkartuschen und Tintenpatronen. Fachgerecht wiederaufbereitete Tonerkartuschen sind nicht nur wesentlich preisgünstiger als Originalteile. Wie aus einer Studie hervorgeht, die von der United Kingdom Cartridge Recyclers Association (UKCRA) in Auftrag gegeben wurde, können mit Recycling-Kartuschen je nach Type (Low- oder High-Capacity) zwischen 25 und 60 Prozent CO2 gegenüber dem Neuprodukt der Originalhersteller eingespart werden. Auch hier ist in der Anwendung nach oben hin noch viel Platz.

Nutzen statt besitzen 

Das ist eine Option, die NutzerInnen von klassischen Verpflichtungen entbinden, die mit einem Besitz einhergehen. Der zeit- und kostenaufwändige Einkaufsvorgang, die wirtschaftliche Gesamtbetrachtung, die Wartung und Pflege, eventuell die Reparatur und in jedem Fall die Entsorgung bleiben beim Eigentümer. Angebote zum Leihen, Mieten oder Leasen von Daten- und Videoprojektoren, Druckern, Beamern, Tablets, Hotelwäsche und Fahrzeugen, oder das Nutzen von Carsharing bei Geschäftsreisen stehen bereit und entwickeln sich mit steigender Nachfrage.

Green Events

Anlässe wie Betriebsfeiern, Hausmessen, Tagungen oder Meetings wirken sich stark auf die Umwelt aus und stehen immer im Fokus der inner- und außerbetrieblichen Öffentlichkeit. Mit dem Zertifizierungssystem „Green Meetings“ und „Green Events“ hat das Österreichische Umweltzeichen staatlich geprüfte Standards für diesen Bereich entwickelt. Der Grund waren alarmierende Zahlen: So verursacht ein einzelner Gast eines Kongresses durchschnittlich pro Tag 3,5 kg Restmüll, 5,5 kg Papiermüll, 151 Liter Wasser und 204 kg CO2. Seit dem Start 2010 wurden über 300 Meetings und an die 100 Events zertifiziert.

Bewusst mobil

Persönlich kann jede/r täglich mehr Schritte selbst tun, anstatt mit Lift und Auto zu fahren, das obliegt der persönlichen Freiheit. Um das Mobilitätsverhalten systematisch und für alle Beschäftigten im Betrieb klimafreundlicher zu gestalten, ist es mit einzelnen Handlungen allerdings nicht getan. Sys­tematisches Vorgehen bringt viele Vorteile. Neben dem CO2 - Ausstoß reduzieren sich auch nachvollziehbar die Kosten, und zum Vorteil der MitarbeiterInnen wird gleichzeitig die Gesundheit angesprochen und gefördert. Die 2004 ins Leben gerufene Klimaschutzinitiative des Umweltministeriums, klima-aktiv, unterstützt Betriebe bei Vorhaben wie Spritsparen, Carsharing, umsteigen auf öffentlichen Verkehr oder Radfahren. Broschüren wie die der AK bieten allen die mit dem Rad fahren, Pendeln oder auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, Information und praktische Tipps. Es gibt im Büro viele Bereiche wo jede/r für die Umwelt unmittelbar etwas tun kann, ohne groß um Erlaubnis fragen zu müssen. Bei größeren Vorhaben ist es, wie auch in anderen Bereichen, unabdingbar, als Betroffene/r rechtzeitig informiert und ernst genommen zu werden. Umweltschutz im Büro ist mit der Zeit zwar komplexer, aber gleichzeitig auch einfacher geworden. Das Angebot an umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen hat sich enorm verbessert und es gibt viel mehr Möglichkeiten, sich an betrieblichen Umweltprogrammen zu beteiligen oder Beratungs- und Schulungsangebote in Anspruch zu nehmen.